Das Lotterleben der Pinguine ...

London - Das älteste Gewerbe der Welt gibt es nicht nur beim Homo Sapiens. Liebe gegen Bezahlung kommt auch im Tierreich vor. Bei einem Forschungsprojekt der Universitäten Cambridge (England) und Otago (Neuseeland) in der Antarktis haben Zoologen erstmals Pinguin-Weibchen beim Fremdgehen zum "Anschaffen" beobachtet und gefilmt.

Die Weibchen ließen sich von Junggesellen für amouröse Dienstleistungen bezahlen. Das Zahlungsmittel: Das Kostbarste, was es für Pinguine gibt - kleine Steinchen für den Nestbau, die sehr schwer zu finden sind.

Die Zoologin Dr. Fiona Hunter aus Cambridge und ihr Kollege Dr. Lloyd Davis beobachteten dieses "unmoralische" Verhalten der Vögel auf Ross Island, 1300 Kilometer vom Südpol entfernt. Sie berichteten darüber in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift AUK.

Die Weibchen, so stellten die Wissenschaftler fest, legten sich nicht etwa einen "Liebhaber" zu. Sie verkauften knallhart Sex für die härteste "Währung" im Reich der Pinguine. Immerhin waren sie so taktvoll, ihre Spritztouren zum "Anschaffen" in die Zeit zu verlegen, in der ihre Männchen zum Steinesuchen oder Jagen unterwegs waren.

Dr. Hunter zufolge kommt es zum Beginn der Brutzeit zu der "Extra-Paar-Kopulation", wie das Phänomen wissenschaftlich genannt wurde. Die Pinguine bauen in dieser Zeit möglichst hochgelegene Nester auf einer sicheren, trockenen Anhöhe für die Eier. Haben sie genug gefrorenes Geröll gesammelt, versuchen sie, mit ihren Schnäbeln die Steinchen für den Nestbau herauszupicken, eine mühsame und langwierige Arbeit. Die Steinchen sind so wertvoll, daß sie immer wieder gestohlen werden. Die Weibchen haben eine zweite Strategie entwickelt.

Dr. Hunter: "Die Weibchen sind darauf gekommen, daß man auch gegen Liebesdienste als Bezahlung an Steinchen aus fremden Nestern kommen kann. Sie stehlen sich von ihrem Nest weg und watscheln zum Nest eines Junggesellen. Dann beginnt das Werbungsritual. Das Weibchen signalisiert Interesse an Sex durch Neigen des Kopfes und verstohlene Blicke aus dem Augenwinkel. Zeigt sich das Männchen interessiert, streckt sich das Weibchen der Länge nach auf dem Boden aus, in der Sprache der Pinguine eine Einladung zur Paarung." Kaum ist der "Liebesakt" vorbei, nimmt das Weibchen den "Sündenlohn" in Empfang, ein Steinchen, und trägt es zu ihrem eigenen Nest hinüber. Manchmal sind die "Kunden" so zufrieden, daß die "Ehefrauen" sich noch ein paar Steinchen abholen dürfen, ohne daß die Beglückten auf "Bezahlung" bestehen.

Es kam auch vor, daß einsame Männchen schon zahlungsbereit waren, wenn ein Weibchen ihnen schöne Augen machte. Die beiden Zoologen beobachteten ein Weibchen, das sich auf die Kunst der Verführung so gut verstand, daß es 62 Steinchen von Junggesellen einheimste, ohne auch nur ein einziges Mal dafür mit der eigenen Haut herhalten zu müssen. Eine Pinguin-Eva, die bei den verliebten Männchen einen "Stein im Brett" hatte.

Die Wissenschaftler gehen bei der Auswertung ihrer Beobachtungen einen Schritt weiter mit der Frage, ob die "Hurerei" bei Pinguinen womöglich für die Erhaltung der Art von Nutzen sei. Ein Männchen verliert zwar einige seiner Steinchen, erhöht aber seine Chance, sich wenigstens "außerehelich" zu vermehren. Das betrogene Männchen weiß nicht mit Sicherheit, von wem die Eier sind, die seine Nestpartnerin legt.

Dr. Hunter spekulierte: "Vielleicht ist das Weibchen nicht nur hinter den Steinen her, vielleicht paart es sich mit einem zusätzlichen Männchen auch, um die Qualität oder die genetische Variabilität zu verbessern."
Eine weitere Vermutung: Die kluge Frau baut vor - auch bei Pinguinen. Sie lacht sich schon einen neuen Partner für die nächste Brutzeit an für den Fall, daß ihr "Alter" vorher gefressen wird oder tödlich verunglückt. Das Liebesleben der Pinguine ist so kompliziert, daß die beiden Wissenschaftsvoyeure ein zweites Forschungsprojekt in der Antarktis planen.

London - Piloten der britischen Luftwaffe wollen es schon seit 18 Jahren auf den Falkland-Inseln beobachtet haben: Pinguine legen, sobald Hubschrauber und Flugzeuge über sie hinwegfliegen, ihre Köpfe so weit in den Nacken, dass sie das Gleichgewicht verlieren und wie Dominosteine umpurzeln.

Eine durchaus komödiantische Vorstellung. Doch sind Pinguine wirklich zu tollpatschig, um in die Luft zu gucken? Nein, sagt der britische Wissenschaftler Richard Stone.

Der Experte der britischen Antarktis-Forschung ging dem hartnäckigen Gerücht in den vergangenen Wochen in Südgeorgien auf den Grund. Sein Fazit: Ehrenrettung für den Königspinguin. Kein einziger Vogel sei angesichts eines Hubschraubers umgefallen, sagte Richard Stone.

Die Pinguine hätten sich im Gegenteil instinktiv völlig vernünftig verhalten: Wenn sich Flugzeuge näherten, verstummten die Tiere. Erwachsene Pinguine, die keine Jungen zu betreuen hatten, hätten sich von dem Lärm entfernt und innerhalb weniger Minuten ihr artgemäßes Verhalten wieder aufgenommen, «normalerweise, sobald der Hubschrauber außer Hörweite war». Brütende Tiere hätten ihre Nester nicht verlassen.

Was macht ein Pinguin in Brasilien?

AP Rio de Janeiro - Die lange Reise des Pinguins vom kalten Patagonien nach Norden nahm ein ungewöhnliches Ende: Eine Welle spülte ihn an den tropischen Strand von Ipanema in Rio de Janeiro. Der Pinguin blickte auf die Palmen und die vielen Menschen, schnappte nach Luft, schlug mit den Flügeln und versuchte, mit seinen Schwimmhäuten im weichen Sand Halt zu finden. Die Badegäste nahmen die Ankunft des gefiederten Besuchers aus der Kälte gelassen. «Ich glaube, er ist hungrig», sagte die achtjährige Gabriela Barbosa. Surfer bemühten sich, den Vogel festzuhalten, einer entleerte eine kalte Flasche Mineralwasser über seinem Kopf.

Die Zahl der Pinguine, die sich an die Strände Rios verirren, hat sich in diesem Jahr deutlich erhöht. Bisher kamen nach Angaben von Biologen 120 der Vögel, mehr als doppelt so viele wie 1999.

Denise Monsores, Biologin am Zoo von Rio, führt diesen Trend auf ungewöhnlich starke Kaltfronten in diesem Winter zurück, der sich in Brasilien gerade dem Ende zuneigt. Die extrem niedrigen Temperaturen führten zu kälteren und stärkeren Meeresströmungen, die die Chancen für Pinguine erhöhen, die tausende Kilometer lange Reise Richtung Äquator zu überleben. Die gestrandeten Pinguine sind meist Jungvögel, die auf der Nahrungssuche von ihren Eltern getrennt wurden. In Rio kommen besonders viele an Land, da dort ganz in der Nähe antarktische Strömungen vorbeiführen. Sie sind zum Teil bereits seit Wochen unterwegs.In Rio werden sie üblicherweise von Strandpatrouillen aufgesammelt und in den Zoo gebracht. «Sie haben eine harte Zeit mitgemacht, bevor sie hier ankommen», erklärt Monsores. Luiz Paulo Fedullo, Tierarzt des Zoos, sagt, nur 40 der 120 in diesem Jahr aufgesammelten Pinguine hätten überlebt.

Die erschöpften und halb verhungerten Vögel müssen wegen möglicher Krankheiten und Parasiten zunächst in eine Isolierstation. Sind sie wieder bei Kräften, kommen sie in die Pinguin-Abteilung des Zoos. Dort steht ihnen ein großes Wasserbecken zur Verfügung, aber auch ein klimatisiertes Gehege, wo sie Abkühlung von der tropischen Hitze finden. Fedullo sagt, der Zoo könne nicht alle Neuankömmlinge aufnehmen und ruft daher andere Tierparks auf, Pinguine zu übernehmen. Die Tiere in ihren angestammten Lebensraum an der Südspitze Südamerikas zurückzubringen, sei keine Alternative. «Was ihnen passiert ist, ist ein Prozess der natürlichen Auslese», sagt Fedullo. «Die Natur hat entschieden, sie hierherzubringen, und meiner Meinung nach sollten wir uns da nicht einmischen. Wir sollten uns einfach um sie kümmern.»

Wackelgang hilft den Pinguinen

Es sieht vielleicht nicht gerade intelligent aus, aber Pinguine scheinen mit ihrer Art des Laufens den Dreh raus zu haben!

Sicherlich, Pinguine sehen schon recht lustig aus, wenn sie auf dem Eis dahergewackelt kommen, aber sie haben auch einen guten Grund, ihren "Charlie Chaplin"-Stil beizubehalten. Neueste Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass "Wackeln" für sie eine ökonomische Fortbewegungsweise darstellt, die auch dem Menschen helfen könnte.

Obwohl die wackelnde Fortbewegungsweise der Pinguine sehr anstrengend und unbeholfen wirkt, ist sie nach einer neuesten Studie von Wissenschaftlern der University of California in Berkeley in Wirklichkeit sehr energiesparend. Sie könnte nach Angaben der Forscher sogar für schwangere Frauen und kranke, gehbehinderte Menschen äußerst nützlich sein.

Das Problem: kurze Beine

Wissenschaftler wissen schon seit längerem, wie uneffizient das Laufen für die befrackten, flugunfähigen Vögel der Südhalbkugel ist. Pinguine verbrauchen beim Gehen weitaus mehr Kalorien als irgendein anderes Tier dieser Größe. Doch hat dies nichts damit zu tun, dass sie dabei etwa mehr Muskelarbeit leisten müssten. Das Problem sind die kurzen Beine. Pinguine müssen sehr schnelle, wechselnde Muskeltätigkeit leisten, damit ihre Beine bei jedem Schritt das Körpergewicht tragen können. In Anbetracht ihres untersetzten Körpers, den kurzen Beinen und den großen Füßen hat sich dann evolutiv ihre sehr spezielle Gangart entwickelt. 

Die Wissenschaftler waren über ihre Erkenntnisse zur Fortbewegungsenergetik der Tiere erstaunt. "Zu Beginn der Studie hatten wir erwartet, dass der Pinguinlaufstil energetisch sehr kostenintensiv ist, da das Hin- und Herpendeln die Laufenergie abrupt unterbricht," sagt Roger Kram, Co-Autor der Studie und jetzt Wissenschaftler an der University of Colorado-Boulder. "Aber wir haben das Gegenteil herausgefunden, Pinguine zeigen zwischen den einzelnen Schritten eine sehr fließende Form der Weitergabe von Bewegungsenergie." Fünf Kaiserpinguine von "Sea World" in San Diego mussten als Testkandidaten für die Studie herhalten. Sie wurden von den Wissenschaftlern über eine Plattform geschubst, damit diese die verschiedenen Kräfte messen konnten, die beim Laufen entstehen. Kaiserpinguine sind die größten Pinguine überhaupt. Sie werden in der Regel 1m groß, bei einem Gewicht von durchschnittlich 20kg. Ihre normale Laufgeschwindigkeit betrug 0.5 Meter in der Sekunde, also schlappe 1,8 km/h.

Auf der Grundlage ihrer Messungen stellten die Forscher fest, dass der Wackelgang der Vögel sehr ökonomisch ist. "Die Hin- und Herbewegung verhilft ihnen zu einer schnellen und effektiven Verlagerung ihres Gewichtsschwerpunktes," sagt Timothy Griffin, Student und zweiter Autor der Studie. "Ohne diese Gewichtsverlagerung müssten ihre Beine die Halte- und Gleichgewichtsarbeit alleine tragen. Die Art und Weise, wie Pinguine beim Wackeln Energie sparen, entspricht der Funktionsweise eines umgedrehten Pendels. Am Ende eines Pendelns auf die eine Seite, wenn der Pinguin für extrem kurze Zeit praktisch still steht, hat er in dieser Position die potentielle Energie für das Zurückpendeln auf die andere Seite gespeichert. Diese Energie wird dann wieder in Bewegung umgesetzt, bis der Pinguin auf der anderen Seite erneut kurz zum Stillstand kommt. Eine gleiche aber deutlich schwächere Pendelbewegung zeigt ein Pinguin auch in Laufrichtung. Er schwingt also beim Gehen auch leicht vor und zurück. 

Pinguinforschung könnte Menschen helfen

Den prozentualen Anteil an Energie, der zwischen zwei Schritten erhalten bleibt, also nicht in Bewegung umgesetzt wird, nennt man Energieerhaltungsrate. Beim Menschen beträgt sie in etwa 65 Prozent. Die Pinguine, die Griffin und Kram untersucht haben, zeigten eine Energieerhaltungsrate von bis zu 80 Prozent. 

Vor der Pinguinstudie hatte sich Kram mit Tieren beschäftigt, die eine ausgesprochen anmutige und effiziente Fortbewegungsweise zeigen, wie zum Beispiel Hunde, Känguruhs oder Antilopen. "Aber es scheint," sagt Kram, "dass wir noch eine Menge von den uneffizientesten Läufern lernen können." So könnten nach Ansicht von Kram eines Tages auch Menschen, die zum Beispiel Gehprobleme haben, von seiner Pinguinforschung profitieren. "Die Pinguine lehren uns, dass wir uns bei menschlichen Patienten mit Gehproblemen weniger auf die Intensität der Muskelarbeit konzentrieren sollten als vielmehr auf die Frage, wie ihre Muskeln Arbeit leisten müssen, um das Körpergewicht zu tragen," so Kram. "Die Pinguinforschung könnte darüber hinaus auch viel dazu beitragen, zum Beispiel laufende Roboter oder bessere Gehhilfen zu entwickeln."

Texte mit freundlicher Genehmigung der Berliner Morgenpost - DANKE!!!


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