Redewendungen ...


Redewendungen machen unser Leben leichter. Im großen Baumarkt der deutschen Sprache sind es gewissermaßen die Fertigbauteile. Und wie beim echten Plattenbau weiß meist keiner, was so im Einzelnen dahintersteckt. Schluß damit ..

Was ist überhaupt der Unterschied zwischen Redewendung und Sprichwort?

Redewendungen sind feste Wortverbindungen. Ihre Bestandteile können nur schlecht oder gar nicht ausgetauscht werden. Beispiel: „Fettnäpfchen“ und „hineintreten“. Sprichwörtliche Redensarten nennt man bildhafte Ausdrücke, wenn sie ständig im selben Wortlaut wiederholt werden und ihre Bedeutung allgemein bekannt ist.

Sprichwörter sind ganze Sätze, die meist eine Lebenserfahrung ausdrücken. Also „Was der Bauer nicht kennt, frißt er nicht.“

Wie ein Berserker wüten

Im altnordischen bezeichnete man jemanden voller ungezügelter Angriffswut als Berserker. Eigentlich meinte man damit anfangs nur das Bärenhemd, das der durchschnittliche skandinavische Krieger trug (serkr = Hemd, ber= Bär).

Die Recken wollten damit die Kraft des getöteten Tieres auf sich übertragen. Gelungen ist es ihnen am ehesten mit dem Gestank ..

„Berserker“ wurden später die Männer genannt, die durch die Fellklamotten so furchterregend aussahen (und rochen), daß man von ihnen sagte, sie könnten kurzzeitig die Bärengestalt annehmen, so ähnlich wie Werwölfe. Allerdings ist auch eine etwas andere Herleitung möglich, und zwar aus den Begriffen „ber“ = „bar, bloß“ und „serkr“ = „Hemd, Waffenrock“, also jemand der „ohne Hemd“, d.h. ohne Rüstung in den Kampf zieht.

Unter aller Kanone

Diese "Kanone" ist kein Geschütz, denn dieses stammt sprachlich vom lateinischen "canna", was Rohr bedeutet, das im Italienischen zur "cannone" wurde. In der Redensart aber haben wir es mit dem lateinischen "canon" zu tun, der sich wiederum dem griechischen "kanón" = Maßstab, Richtschnur verdankt.

Das lateinische "sub omni canone", also unterhalb jedes Bewertungsmaßstabs, wurde scherzhaft als "unter aller Kanone" ins Deutsche übersetzt und wird seit dem 19. Jahrhundert verwendet.

Alles in Butter

Dieser Begriff fand seine Bedeutung im Mittelalter. Damals wurde kostbares Kristall aus Italien über die Alpen zu uns transportiert. Leider gab es damals viel Bruch und man kam auf die glorreiche Idee, das Kristall in Fässern zu transportieren.

Diese Fässer wurden mit flüssiger Butter gefüllt, hinein kam das Kristall, die Butter wurde fest und so war das Kristall vor Erschütterungen und Stöße ungemein sicher. Daher die Redensart „Alles in Butter!“ Kann ich nur beim nächsten Umzug empfehlen ... :-)

Aufschneider

Das ist ja bekanntlich jemand, der unwahre Heldentaten zum Besten gibt. Aber das würde ja keiner von uns je tun, oder? Vollständig lautete die Redensart im 17. Jahrhundert: „Mit dem großen Messer aufschneiden.“ Man gebrauchte diese Formel, wenn einer allzu große Stücke auftischte. Zu der Redensart existieren unzählige Geschichten, in denen mit großen Messern hantiert wird.

Die volle Breitseite

Jemand, der ungebremsten, schonungslosen Attacken ausgesetzt wird, kriegt bekanntlich die volle Breitseite ab. Der Begriff stammt aus dem vielseitigen Sprachschatz der Kriegsmarine, als die Kanonen eines Schiffes noch unter Deck aufgestellt waren. Eine „Breitseite“ (englisch: „broadside“) bezeichnet das gleichzeitige Abfeuern aller Geschütze auf der dem Gegner zugewandten Seite des Schiffes. Also schon eine eher deutliche Unmutsbezeugung.

Pantoffelheld

Was versinnbildlicht deutlicher den Sieg über einen Gegner – als dem Unterlegenen den beschuhten Fuß auf den Nacken zu setzen?? Es galt von alters als Brauch, dass bei neu geschlossenen Ehen jeder der Partner versuchte, zuerst seinen Fuß auf den des anderen zu setzen. Da dieser Wettstreit im häuslichen Millieu ausgetragen wurde, pflegte man dabei Pantoffeln anzuhaben. Gelang es der Frau zu siegen, so mochte darin das erste Zeichen zu erblicken sein, dass sie auch künftig das Übergewicht haben würde. Es fehlte dann nicht viel, dass der auf den Fuß getretene Ehemann, eingeschüchtert von seiner fixeren und resoluteren Ehehälfte, zum „Pantoffelhelden“ degradiert wurde.

Dalli, Dalli!

Die Redewendung ist nicht alleine durch die klassische Abendunterhaltung mit Hänschen Rosenthal in unser aller Munde. Die Redensart hat das „flink, flink“ aus dem deutschen Wortschatz weitgehend verdrängt. Seinen Ursprung hat das seit dem Ende des 19. Jahrhunderts im deutschen Raum bekannte „dalli“ im polnischen „dalej“ – „vorwärts“.

Bratkartoffelverhältnis

Der Ausdruck stammt noch aus dem ersten Weltkrieg und bezeichnete damals eine kurzfristige Liebesbeziehung, die besonders wegen der besseren Verpflegungsverhältnisse eingegangen wird. Heute wird er meist als Synonym zur „wilden Ehe“ benutzt.

Jemandem eine Abreibung verpassen

Die „abreybung“ ist ein Begriff aus der Tierpflege. Allerdings werden hier die Tiere natürlich nicht verprügelt, sondern gesäubert. Durch Striegeln und Reiben wird das Fell gesäubert. Der Begriff ist schon seit dem 17. Jahrhundert belegt. Seine heutige Bedeutung, im Sinne von „bestrafen“, hat er wohl erst seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Kunterbunt

Das Wort „kunterbunt“ stammt aus dem 15. Jahrhundert und kommt eigentlich von „contrabund“ also „Kontrapunkt“ (lateinisch „contra“ = gegen, „punctus“ = stechen, Punkt), es bedeutete auch damals schon „vielstimmig“.

Das sind doch olle Kamellen

Damit sind nicht die noch aus dem letzten Rosenmontagszug übrig gebliebenen Süßigkeiten gemeint, sondern Kamillepflanzen. Wenn man Kamille zu lange lagert,gehen Aroma und Heilkraft verloren. Mit den alten Kamillen kann der Apotheker nichts mehr anfangen.

Für Gotteslohn arbeiten

Wenn man von jemandem verlangt, er solle "für Gotteslohn arbeiten", dann meint man nicht einen Lohn, wie ihn ein Gott gibt, sondern einen Lohn, den Gott geben soll (statt des Menschen, der ihn eigentlich bezahlen müßte). „Für Gotteslohn“ bedeutet also in den meisten Fällen „unbezahlt“.

Nur nicht hudeln

Nicht vorschnell handeln. "Hudeln" ist ein alter Handwerkerausdruck, der, neben anderen, auch die Bedeutung „schlampige Arbeit“ hat. Aus dem Jahre 1741 kennt man die Wendung „die Arbeit schnell weghudeln.“

Zum Stamme Ibo gehören

Damit sind Menschen gemeint, die regelmäßig Wendungen wie "ich und die anderen“ benutzen. Der Esel nennt sich halt zuerst, klar. Das „Ibo“ ist ein Akronym aus dem englischen „I before others.“

Damit hat er den Rubikon überschritten

Es handelt sich dabei um einen unumkehrbaren Schritt. Der Rubikon ist ein kleiner Fluß in Italien, den Cäsar mit seinen Truppen überquerte, um nach Rom zu ziehen. Damit begann der Bürgerkrieg. Cäsar prägte bei dieser Gelegenheit noch eine weitere bekannte Redensart: „Alea iacta est!“ (Der Würfel ist gefallen!)

Einen Denkzettel bekommen

Im hansischen Recht (15. Jahrhundert) kannte man schon den „Gedenkzettel.“ Es handelte sich um eine schriftliche Mitteilung des Gerichtes, vergleichbar unserer heutigen Vorladung. Später benutzte man den Begriff allgemein für „schriftliche Mitteilung.“ Auch in Jesuitenschulen wurde später Schülern, die irgendwelche schlechten Eigenschaften erkennen ließen, vom Lehrer ein „Denkzettel“ ausgehändigt, auf dem der Fehler verzeichnet stand. Der Schüler mußte den Zettel ständig bei sich tragen. Da mit dem Denkzettel oft auch, selbstverständlich didaktisch unverzichtbare, körperliche Bestrafungen einhergingen, hat das Wort heute eine eher negative Bedeutung.

Böhmische Dörfer

Unbekannte oder unverständliche Dinge werden schon seit dem 16. Jahrhundert als „Böhmische Dörfer“ bezeichnet. Die Deutschen hatten leichte Sprachprobleme mit den Ortsnamen im böhmischen Gebiet, da sie die tschechischen Namen nicht verstehen, geschweige denn aussprechen konnten.

Richtig gebräuchlich wurde die Redensart aber nach dem Dreißigjährigen Krieg. Damals wurde Böhmen derart verwüstet, daß kaum noch unzerstörte Dörfer übrig blieben. Als „Böhmisches Dorf“ galt daher auch etwas, das es eigentlich nicht mehr gab.

Unter der Fuchtel sein

Jemand der in strenger, sogar erzwungener Ordnung leben muß, lebt „unter der Fuchtel“ von jemanden. Die „Fuchtel“ ist eigentlich ein stumpfer, breiter Fechtdegen (daher kommt auch „herumfuchteln“ – wieder was gelernt), der zum Sinnbild harter militärischer Zucht wurde.

Sich auf den Lorbeeren ausruhen


Daß es nicht gut ist, sich nach einem Erfolg nicht weiter anzustrengen, wußte schon Königin Luise von Preußen. 1808 schrieb sie ihrem Vater: „Wir sind eingeschlafen auf den Lorbeeren.“ Sie meinte die Erfolge Friedrichs des Großen.

Schema F

Gleichförmige Abläufe sind nach dem preußischen, immer gleich aufzusetzenden Frontrapport benannt, der wurde mit „F“ bezeichnet.

Gedöns um etwas machen

Überflüssiges Getue wird gerne auch als "Gedöns" bezeichnet. Der Ursprung des Wortes liegt in Norddeutschland und geht auf das alte Wort „gedense“ = „hin- und herziehen“ zurück. Mit „Getöne“, also viel Lärm um etwas machen, hat das also nichts zu tun.

Jemanden mit Rat und Tat unterstützen

Damit meint man, jemandem mit Dingen und Leistungen helfen. "Rat" bezeichnete früher alles, was gut fürs leibliche Leben war. Wir kennen ja noch den „Hausrat“, den „Vorrat“ und alle möglichen „Geräte.“

Alle Jubeljahre

Das Jubeljahr oder "Halljahr" kehrte bei den Israeliten alle 50 Jahre wieder. Es wurde mit Posaunen im ganzen Land bekannt gegeben. Mit dem Brauch sollte der Verarmung der Bevölkerung entgegen gewirkt werden, da in diesem Jahr alle Schulden erlassen wurden. Schöner Brauch, nicht wahr??

Auch in der christlichen Welt wurde ein solcher Brauch eingeführt. Das Jubel- oder Gnadenjahr sollte sich alle 100 Jahre wiederholen. Der Zeitraum wurde dann aber auf 50, 33 und zum Schluß 25 Jahre verkürzt. Das letzte Jubeljahr war übrigens das Jahr 2000. Das „jubeln“ findet sich auch noch in unserem Begriff „Jubiläum.“

Ad kalendas graecas

Gebildete Menschen (und solche, die sich dafür halten) benutzen schon mal diesen Ausdruck, um ein Datum, das niemals eintritt, zu benennen.

Die "Kalenden" waren bestimmte Tage im römischen Monat - so wie die „Iden“ – an denen normalerweise Schulden zurückgezahlt wurden. Die Griechen kannten diese Tage nicht, daher kann es keine „griechischen Kalenden“ geben. Und wenn einer seine Schulden an den griechischen Kalenden zurückzahlen wollte, wußte man schon, was Sache war. Heute bemühen wir den „Sankt-Nimmerleinstag“ als unmögliches Datum. Gerne genommen wurde früher auch der fiktive katholische Feiertag „Mariä Beschneidung.“

Jemanden an die Kandare nehmen

Ein Ausdruck für strenges Maßregeln. Die "Kandare" ist eine einteilige Gebißstange am Zaunzeug des Reitpferdes. Sie ermöglicht ein besonders scharfes Zügeln.

Der Begriff "Kandare" kam über das ungarische („kantár“) Zaun zu uns. Die heute üblicherweise benutzte „Trense“ ist durch ihre Konstruktion für das Pferd angenehmer.

Unter aller Kanone

Darunter versteht man nicht den Boden unter der Artillerie, sondern etwas, das unter jedem „Kanon“, d.h. unter jedem Maßstab liegt. Das Geschütz, die „Kanone“ hat seinen Namen übrigens von italienisch „canna“ für „Rohr.“

Arm wie eine Kirchenmaus

In Kirchen gibt es keine Vorratskammern. Daher ist die ärmste aller Mäuse eben die Maus, die in der Kirche wohnt.

Ein komischer Kauz

Der Kauz, der als Nachtvogel oft gegen die Fenster der auch nachts erhellten Krankenstuben flog, wurde im Aberglauben zum Totenvogel, den es zu meiden galt.

Im 16. Jahrhundert wurde der Begriff "Kauz" dann immer mehr zur Bezeichnung für menschliche Sonderlinge oder menschenscheue Außenseiter, die man mit dem „lichtscheuen“, bei Tage selten anzutreffenden Vogel verglich.

Was ist das denn für eine Leichenbittermiene?

Der Leichenbitter hatte, so war es Brauch, die Aufgabe, die Trauergäste zum Begräbnis einzuladen. So wie eine Stewardeß berufsmäßig lächelt, hatte ein professioneller Leichenbitter natürlich ein ordentlich betroffenes Gesicht zu machen. Die „Leichenbittermiene“ bedeutet heute meistens eine deutlich gezeigte, aber nicht wirklich echte Trauer.

Kapriolen schlagen

Das italienische Wort "capriola" bedeutet "Bocksprung".

Treulose Tomate

Der Vergleich eines unzuverlässigen Zeitgenossen mit dem beliebten Gemüse stammt aller Wahrscheinlichkeit nach aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg.

Es war ein Schimpfwort der Deutschen für die als unzuverlässig und treuebrüchig geltenden Italiener. Da in Italien große Mengen Tomaten angebaut und verzehrt wurden, identifizierte man die Italiener bald mit dem Gemüse. Ein anderer kulinarischer Schmähausdruck für die Südeuropäer war „Treubuchnudeln.“

Die Italiener hatten im Ersten Weltkrieg gegen Österreich gekämpft, um einige Grenzgebiete einzugemeinden. Den 1886 geschlossenen Dreibund zwischen Deutschland, Österreich/Ungarn und Italien ignorierten sie dabei ganz einfach.

Mit ihm ist nicht gut Kirschen essen

Die Redensart erklärt sich von selbst, wenn man den vollständigen Wortlaut kennt: „Mit hohen Herren ist nicht gut Kirschen essen, sie spucken einem die Steine ins Gesicht.“ Zurzeit, in der die Redensart entstand, war der Anbau von Kirschbäumen noch auf Klostergärten und Gärten der vornehmen Bevölkerung beschränkt.

Kein Blatt vor den Mund nehmen

Diese Redewendung spiegelt eine alte Theatersitte wider. Die Schauspieler machten sich unkenntlich, in dem sie Blätter vor ihr Gesicht hielten. Sie konnten dann Anliegen vorbringen, ohne später dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Schwarzes Schaf

Unter einem schwarzen Schaf in einer Familie verstehen wir jemanden, der aus dem Rahmen fällt, eine nicht gute Sonderrolle spielt, ein störender Außenseiter ist, eben ein schwarzes Schaf – ganz im Gegensatz zu den hübschen weißen, die jeder mag. Seinen Ursprung hat dieser Ausdruck in dem Bibelwort: „Ich will heute durch alle Deine Herden gehen und aussondern alle schwarzen Schafe.“

In Australien, im Lande der schier unübersehbaren Schafherden, kommt dem „schwarzen“ Schaf jedoch eine positive Rolle zu. Um sich das Zählen der Schafe zu erleichtern, gibt man zu 100 weißen Schafen ein schwarzes Schaf und multipliziert dann nur die Zahl der schwarzen Schafe.

In die Binsen gehen

"In die Binsen gehen" hat damit zu tun, daß die Binsen am Wasser wachsen und wenn bei der Jagd die bejagte Wildente "in die Binsen ging", war sie für Jäger und Hund nicht mehr zu greifen, also verloren.

Hinz und Kunz

Die Bezeichnung für die große Menge, die Durchschnittsbevölkerung, stammt aus dem Mittelalter, als „Hinz“ = Heinrich und „Kunz“ = Konrad sehr verbreitete Namen waren. Grund war wahrscheinlich die lange Reihe von Heinrichs und Konrads als Herrscher.

Schon um 1300 ist die Redewendung formelhaft, ab dem 15. Jahrhundert nimmt sie spöttischen Charakter an.

Der geht ran wie Blücher

Die Redewendung, manchmal auch vollständig "Der geht ran wie Blücher an der Katzbach" zitiert, bezieht sich auf den Sieg Blüchers über die Franzosen an der Katzbach im Jahre 1813. Der volkstümliche Blücher war einer der beliebtesten Militärs, beim Volk war er als "Marschall Vorwärts" bekannt.

Das ist mir schnuppe

Die "Schnuppe" ist das verkohlte Ende eines Kerzendochtes. Und wenn einem etwas schnuppe ist, dann ist es ihm so viel wert wie das verkohlte Ende eines Dochtes - also nichts. In Berlin wurde der Begriff wohl ab 1850 verwendet.

"Schnuppe" kommt vom mittelalterlichen Wort "snuppen" und bedeutet so viel wie "putzen". Der Docht einer Kerze mußte früher geputzt werden.

Und "Sternschnuppe" heißt es, weil man dachte, es sei ein Stück Abfall vom Stern weggeputzt worden.

Das geht auf keine Kuhhaut

Versteht man die Redensart heute noch? Empört ruft sie jemand aus und er meint damit: Das ist denn doch ein starkes Stück, was man mir da zumutet. Im Mittelalter wurden Verbrecher auf einer Kuhhaut zur Richtstätte geschleppt; noch bevor ein Richtersprung erging, wurde er entehrt. Ehebrecherinnen wurden eingenäht in eine Kuhhaut und ins Wasser geworfen. Man sollte meinen, keine Frau brach mehr die Ehe dazumal aus Angst vor so grausamer Strafe, jedoch die Chroniken melden es anders. Um nun aber das Höchstmaß an Verwerflichkeit zu kennzeichnen, sagte man: "Das geht auf keine Kuhhaut", soviel Sünde hat nicht Platz auf einer einzigen Haut einer Kuh.

Kleider machen Leute

So heißt eine Novelle von Gottfried Keller, in der ein Schneider in einem Dorf wegen seiner edlen Kleidung (er hatte gerade keine andere als die, die er eigentlich hatte verkaufen wollen) für einen Grafen gehalten wird.

Aber vermutlich ist es schon eine Feststellung aus dem Mittelalter, denn auch von damals gibt es Geschichten wie diese: Ein Gelehrter ging über den Markt und keiner grüßte ihn. Als er aber dann in der Amtstracht unterwegs war, wurde er von allen gegrüßt. Zu Hause zog er den Anzug aus und fragte verärgert das Stück Stoff: "Bist Du der Doktor oder bin ich es?"

Haderlump

Hadern sind die zerkleinerten Textilfasern, die man zur Herstellung von besonders wertvollem Papier benötigt. In der Frühzeit der Papierherstellung, als man noch keinen Zellstoff kannte, waren sie sogar die einzige "Rohstoffquelle".

Da man aber im Mittelalter nicht die Mengen Textilien besaß wie heute, wurden nur die alten Lumpen zur Papierherstellung abgegeben, die nun wirklich niemand mehr anziehen wollte. Normalerweise waren die Dinger gnadenlos dreckig, oft war jemand darin gestorben etc. Nach der Pest erlebte aus diesem Grund die Papierherstellung in Europa eine Blüte.

Die Frauen, die die Lumpen zerkleinern mußten, saßen auf einer Bank, auf der ein nach oben gestelltes Messer montiert war. An diesem Messer zerrissen sie den Stoff, bevor er gereinigt wurde. Da kann man sich vorstellen, was passierte, wenn sich eine der Damen in den Finger geschnitten hat.

Den Männern ging es allerdings nicht viel besser: Da man glaubte, daß die Papierherstellung am besten mit kaltem Wasser funktioniert, fingen die Jungs um 3.00 Uhr in der Frühe an Papier zu schöpfen. Dabei waren sie mit den ganzen Oberarmen im Wasser. Gicht und andere fiese Krankheiten waren die Folge.

Ein Haderlump ist also ein Lumpen, der so am Ende ist, daß man aus ihm Hadern herstellen darf. Er ist also wirklich das Allerletzte.

"Knöllchen" für Strafzettel

Der Begriff geht wohl darauf zurück, daß aus der kölschen Verkleinerungsform zu "Protokoll", nämlich "Protoköllche", durch die lautliche Ähnlichkeit mit "Knöllche", der Verkleinerungsform von "Knolle", eben das "Knöllchen" geworden ist.

Drahtzieher

Der "Drahtzieher" hat seinen Ursprung nicht etwa im ehrbaren Handwerk des Drahtherstellers, sondern man meint damit einen Marionettenspieler. Also jemand, der hinter der Bühne "an den Drähten zieht", damit sich die Puppen nach seinem Willen im Rampenlicht bewegen.

Mein lieber Scholli

Diesen "Scholli" hat es wohl wirklich gegeben. Es handelte sich um Ferdinand Joly, einen Studenten, der wegen eines mysteriösen Vorkommnisses 1783 von der Salzburger Universität verjagt wurde. Bis zu seinem Tod im Jahre 1823 führte er ein unstetes Leben, zog singend, dichtend und schauspielernd übers Land.

Er war gewissermaßen der Urvater der "Aussteiger".

Ein Brett vor dem Kopf haben

Störrischen Ochsen wurde vom Bauern ein Brett vor den Kopf gehängt, das ihre Sicht beeinträchtigte. Der Ochse war dann leichter zu führen.

Eine andere Erklärung ist, daß das Joch, mit dem der Ochse eingespannt wird, seine Denkfähigkeit beeinträchtigt. Der starke Ochse zieht unter dem Joch bereitwillig ein Fuhrwerk.

Dreck am Stecken haben

Wer "Dreck am Stecken hat", hat zwar (z.B. nach einem Marsch durch den Schmutz) seine Schuhe gereinigt, trägt aber den verräterischen Dreck noch immer mit sich herum.

So jemand hat also kein reines Gewissen, ist ein Heuchler etc.

Tacheles reden

"Tacheles" kommt aus dem Jiddischen und bedeutet "Zweck, zweckmäßiges Handeln". Im Wortsinn bedeutet "Tacheles reden" also "zweckmäßig reden, zur Sache kommen."

Kein Geld, keine Schweizer

Es gibt nichts ohne Gegenleistung. Bei den "Schweizern" handelt es sich um die Gardesoldaten, die an vielen europäischen Höfen dienten. Heute leistet sich nur der Vatikan eine Schweizer Garde.

Diese Söldner achteten sehr genau auf pünktliche Zahlung ihres Soldes. Blieb der aus, brachen sie schon mal einen Krieg ab, wie 1521 im Falle der Belagerung Mailands durch Franz I. Also, Papst paß auf.

Vom Hundertsten ins Tausendste kommen

Bei der Redewendung geht es ursprünglich gar nicht um abschweifendes Labern, sondern um Rechenfehler.

Im 15. bis zum 17. Jahrhundert gab es die sogenannte "Rechenbank" auf der waagerechte Linien gezogen waren, die den aufgelegten Marken einen bestimmten Wert zuwiesen. Die Linien markierten Dezimalsprünge. Wer, wie die Originalredensart lautet, das "Hundert in das Tausend wirft", der "macht es also, daß niemand weyß, was er rechnet oder redet" (Johann Agricola, 1529).

Irgendwann ging dann das Wissen um die "Rechenbank" verloren, doch die Redensart blieb uns erhalten.

Drei Kreuze machen

"Drei Kreuze machen" kommt natürlich aus dem religiösen Brauchtum. Es bedeutet: "Sich mit dem Kreuzzeichen segnen, daß etwas Schlimmes vorübergegangen ist."

Die Dreizahl wurde schon immer eingehalten, wenn etwas Wichtiges zu verrichten war: Dreimal im Jahr wurde Gericht gehalten, es waren mindestens drei Urteiler nötig etc. Und natürlich "Aller guten Dinge sind drei."

Es ist also ein besonders intensives Segnungsritual.

Hinter schwedischen Gardinen sitzen

Aller Wahrscheinlichkeit nach bezieht sich "Gardine" auf einen verniedlichenden Ausdruck aus der Gaunersprache für das Gitter und "schwedisch" waren die Gardinen, weil der hochwertigste Stahl, aus dem natürlich auch die Gefängnisgitter "gewebt" wurden, aus schwedischem Erz hergestellt wurde.

Auf Schusters Rappen

Damit sind schwarze Schuhe, also die "Pferde", die der Schuster verkauft, gemeint.

Wir haben keine Gefangenen gemacht

Keine Gefangenen zu machen oder auf gut Neudeutsch "take no prisoners" war eine Terrortaktik der Piraten. Normalerweise führten Piratenschiffe ja eine Flagge (Jolly Roger o.ä.), die sie als Räuber kennzeichnete. Aber sie waren immerhin Willens, Gefangene zu machen, d.h. ihre Opfer am Leben zu lassen.

Wurde aber ein rotes Tuch gehißt, sollte das den Opfern klarmachen, daß mit Gnade nicht zu rechnen sei. Es stand also ein kurzer grausamer Beutezug bevor.

Unter aller Sau

Kommt vom Jiddischen "seo" = "Maßstab".

Einen Korb bekommen

Die Redensart nimmt Bezug auf einen mittelalterlichen Brauch. Stand ein junger Rittersmann (oder Knecht, egal) vor dem Fenster eines holden Mägdeleins und begehrte Einlaß in ihr Zimmer, Herz und Sonstiges, so ließ sie ihm einen Korb hinunter, in den er sich setzte und daraufhin hinaufgezogen wurde. Holde Fräuleins wohnten meist etwas höher (Rapunzel, man erinnert sich). Ob damals die Fräuleins kräftiger waren als heutzutage, oder ob ihnen jemand beim Hochziehen half, wer weiß.

War der Mann der Dame doch nicht so ganz genehm, lockerte sie vorher den Boden des Korbes ... hi, hi, hi ... und der vor lauter Minne mit Blindheit geschlagene Freier fiel durch.

Auch Martin Luther kannte diese Redewendung schon.

Jemandem einen Bärendienst erweisen

Der "Bärendienst" hat seinen Ursprung in der Fabel vom Einsiedler und seinem gezähmten Bären. Um die Mücken zu verjagen, die den schlafenden Einsiedler stören, wirft der junge Bär mit einem Stein, der zwar die Mücken vertreibt, aber den Einsiedler tötet.

Das ist ja wohl eine Binsenweisheit

Binsen besitzen im Gegensatz zu anderen Grasarten keine Verdickungen (Knoten) am Halm. Eine Binsenweisheit ist also eine glatte Sache ohne Verwicklungen oder Verknotungen.

Ob sie mit der Herkunft des Sprichwortes zu tun hat oder nicht, es gibt da noch folgende nette Legende:

Der König Midas (ja, genau der mit den "Goldhändchen"), so wird erzählt, sollte einen musikalischen Wettstreit zwischen Pan und Apoll schlichten. Da er Apoll nicht sonderlich mochte, sprach er Pan den Sieg zu Æ obwohl die Zuschauer anderer Meinung waren. Aus Rache ließ Apoll die Ohren von Midas auf Eselsohrgröße wachsen.

Um diese Schande zu verdecken trug Midas fortan eine Mitra, die damals gebräuchliche Form der Kopfbedeckung im Nahen Osten (daher kommt übrigens auch die "Eselsmütze" in den Schulen).

Jedoch konnte er vor seinem Barbier die Mütze beim Haare schneiden nicht aufbehalten. Darum ließ er diesen Æ unter Androhung der Todesstrafe Æ schwören, daß er Stillschweigen bewahre. Der Barbier konnte jedoch seine Klappe nicht halten und wollte es unbedingt weitersagen. So grub er sich in der Nähe eines Gewässers ein Loch und erzählte es der Erde.

Nun, die Erde kann ja nicht alles weitergeben, wie es uns Menschen vergönnt ist; also ließ sie an der Stelle, wo sich das Loch befand, Binsen wachsen. Diese Binsen erzählen nun einem jeden der gerade dann vorbeikommt, wenn der Wind durch die Gräser pfeift, die Geschichte der Ohren des Midas.

Kalte Füße bekommen

Die Redensart, mit der der Sachverhalt des "Abbrechens einer (illegalen) Handlung" umschrieben wird, entstand am Spieltisch. Es war eine beliebte Ausrede, das Spiel abzubrechen und so den Gewinn zu sichern.

Auch im Englischen kennt man "to get cold feet".

Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln

Die Redensart kommt vom Militär. Im Manöver gab es oft den Befehl, auf einen Kartoffelacker vorzurücken. Dieser Befehl wurde dann aber genauso häufig zurückgenommen, um Flurschäden zu vermeiden.

Im Stich lassen

Kommt aus der Zeit der Ritterturniere.

Falls ein Ritter stürzte, verletzt wurde oder sonst wie behindert war, mußte ihn sein Knappe aus der Gefahrenzone ziehen.

Tat er das aus welchen Gründen auch immer nicht rechtzeitig, hatte es zur Folge, daß sein Herr für einen weiteren Stich liegen blieb.

Leute behandelt eure Knappen gut!

Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben

Ein Übel durch ein noch Schlimmeres verhindern.

"Beelzebub" stammt aus dem Hebräischen und ist ein Name des Herrschers der Dämonen. "Baal sïbub" = "Herr der Fliegen".

Man erinnere sich auch an den Roman von William Golding.

Splitternackt sein

Schon im 15. Jahrhundert war man "splitternaket", also ganz nackig.

Den Ursprung hat die Wendung wahrscheinlich in "splinternackt". "Splint" ist die Faser- bzw. Bastschicht, die zwischen der Rinde und dem Stammholz eines Baumes liegt. Daher wohl auch die Form "splitterfasernackt". Ein Stamm ist erst dann ganz nackt, wenn neben der Rinde auch der Splint entfernt wurde. "Splinternackt" bedeutet also, nackt bis unter den Splint, also "ausgezogen bis aufs Holz".

Den Stab über jemanden brechen

So sagt man, wenn über jemanden ein hartes Urteil gefällt wird.

Der Richter trug früher als Zeichen seiner Position den sogenannten Gerichtsstab. Mit ihm gebot er Ruhe und die Versammlung blieb beisammen, solange er ihn in der Hand hielt. Legte er ihn ab, galt die Versammlung als geschlossen.

Wurde ein zum Tode Verurteilter zum Henker geführt, so zerbrach der Richter direkt vor der Hinrichtung den Stab über dessen Haupt und sprach: "Nun hilf dir Gott, ich kann dir nicht mehr helfen." Das irdische Urteil war damit unwiderruflich.

Jemandem die Stange halten

Im mittelalterlichen Recht gab es die Sitte, jedem Kämpfer im gerichtlichen Zweikampf einen Sekundanten zur Seite zu stellen, der eingreifen mußte, wenn die Regeln es erforderten. Er "hielt seinem Mann die Stange", unterstützte ihn also bei seiner Aufgabe.

Im Landrecht des "Schwabenspiegels" gab es den Passus:

"Ir ietwederm sol der rihter einen man geben, der ein stange trage, die soll der über den haben, der da gevellet".

Bei Turnieren gab es den "Grieswart", auch "Stängler" genannt. Er hatte die Aufgabe den Kämpfern beizuspringen, die aufgeben wollten. Wer "die Stange begehrte", wollte aufgeben.

Das ist mein Steckenpferd

Bedeutet: Das ist mein Hobby. Der Begriff Steckenpferd bezeichnete natürlich ursprünglich das bekannte Kinderspielzeug.

Durch die Übersetzung der englischen Floskel "hobby horse" aus dem Buch "Tristram Shandy" wurde "Steckenpferd" als Bezeichnung für einen (nutzlosen) Zeitvertreib im deutschen Raum gebräuchlich.

Einen Stiefel vertragen können

Trinkgefäße in Form von Stiefeln sind schon seit dem 16. Jahrhundert belegt. Diese Form geht eventuell darauf zurück, daß einst wirklich aus Stiefeln getrunken wurde. Natürlich nicht aus Fußbekleidung, sondern im "Ruodlieb", dem ältesten Abenteuerroman deutscher Sprache (um 1030), werden die ledernen Weinbeutel scherzhaft "Stiefel" genannt.

Es gibt auch einige Anekdoten, die besonders trinkfeste "Helden" beschreiben, die in einem Zug ganze Reiterstiefel leeren konnten. Ein Beispiel ist der "Trunk von Rothenburg", durch den im Jahre 1631 der Bürgermeister seine Stadt vor Tillys Truppen rettete.

Ein Stoppelhopser sein

Mal wieder was aus der bunten Welt des Militärs.

Der Begriff kam um 1870 auf und bezeichnet einen Infanteristen. Manöver fanden gewöhnlich im Herbst statt, und zwar auf den abgeernteten, stoppeligen Feldern.

Über die Stränge schlagen

Eier, der in ausgelassener Stimmung zu weit geht, schlägt über die Stränge. Man vergleicht ihn mit unwilligen Kutschpferden, die bocken und dabei über das Geschirr, die Zugstränge, ausschlagen.

Das Gras wachsen hören

Sind wir ehrlich, kein Mensch kann das Wachstum von Pflanzen akustisch wahrnehmen. Also muß diese Redensart göttlichen Ursprungs sein. In der germanischen Sagenwelt der Edda ist Heimdall der Wächter der Götter, denn er sieht bei Nacht so gut wie bei Tag und kann hören, daß Gras auf der Erde und Wolle auf Schafen wächst.

Mit jemandem einen Strauß austragen

Hier werden keine Laufvögel ausgeliefert, sondern man haut sich gegenseitig aufs Maul.

Die Redensart ist wohl am ehesten im süddeutschen Raum gebräuchlich.

Das Wort "Strauß" stammt von dem mittelhochdeutschen Verb "striuzen" für "sträuben, streiten" ab.

Etwas nach Strich und Faden tun

Eine Redewendung aus dem Weberhandwerk. Der Meister prüfte das von seinen Gesellen hergestellte Tuch "nach Strich und Faden", also ganz exakt, um das Material zu überprüfen und festzustellen, ob der Geselle sorgfältig gearbeitet hatte.

Du hast einen Doppelgänger

Heute bezeichnet man jemanden als "Doppelgänger" der einer anderen Person so ähnlich sieht, daß man die beiden verwechseln kann.

Früher war es die Bezeichnung für jemanden, von dem man glaubte, er könne an mehreren Orten gleichzeitig sein.

Ich bin zur Zeit Strohwitwer

Ein Mann, der vorübergehend alleine lebt, wird im Volksmund "Strohwitwer" genannt. Er ist alleine gelassen, hat niemanden, der das Stroh, also das Bett, mit ihm teilt, genießt aber auch einige Freiheiten.

Zumindest bis Mutti wieder zu Hause ist und das Chaos vorfindet, das der Alte angerichtet hat, während sie bei ihrer Schwester war.

Ein eingefleischter Junggeselle

"Eingefleischt" ist eine Lehnübersetzung von lateinisch "incarnatus". Es bedeutet "zu Fleisch geworden". Ursprünglich wurde es nur für Christus, den Fleisch gewordenen Sohn Gottes benutzt, mittlerweile verwendet man es nur noch zur Beschreibung eines "unverbesserlich unverheirateten Mannes".

Der Kerl ist ein Stümper

Einen Pfuscher nennt man auch Stümper. Der Begriff kommt aus dem Zunftwesen. Ein "stümpler" war ein Handwerker, der nicht zünftig gelernt hatte und daher angeblich mit stumpfem Werkzeug herum dilettierte.

In den Zunftordnungen wurde Stümpern und Pfuschern angedroht, ihr Handwerkszeug und ihre Arbeiten zu konfiszieren. Der Grund dafür war vor allem, daß sie die Zunftpreise unterboten, und das konnten die Jungs damals gar nicht leiden.

Das ist tabu

Ein Verbot wird heute gerne als ein "Tabu" bezeichnet. Das Wort kommt von ganz weit her, und zwar aus Polynesien. James Cook lernte den Begriff 1777 kennen, als er auf den Tonga-Inseln vorbeischaute.

Ein Tabu war für die Eingeborenen etwas, das für eine bestimmte Gruppe auf Grund einer heiligen Sitte verboten war.

Eine Tartarennachricht erhalten

Diese Bezeichnung für eine unglaubwürdige Botschaft beruht auf einer wahren Begebenheit.

Berittene tartarische Kuriere brachten während des Krimkriegs die Nachricht nach Bukarest, daß Sewastopol gefallen sei. War es in Wirklichkeit noch gar nicht, aber die Nachricht übte nachhaltigen Einfluß auf Politik und Börse aus.

Wenn man sich die Vorgänge an den internationalen Börsen so anschaut, ist "Tatarennachricht" ein ziemlich aktueller Begriff, oder?

Mit etwas hinter dem Berge halten

Das ist mal wieder eine militärische Floskel. Seit dem dreißigjährigen Krieg kennt man die Taktik, Geschütze hinter natürlichen Deckungen, wie Hügeln aufzustellen, um sie in einem günstigen Moment einzusetzen.

Jemanden am Gängelband führen

Das "Gängelband" ist schon seit dem 18. Jahrhundert bekannt. Es war ein Band, an dem Kinder beim laufen lernen festgehalten wurden. Das Wort "gängeln" bedeutete "ein Kind laufen lehren".

Wenn man heute jemanden gängelt, bevormundet man ihn.

Drakonische Strafe

Harte Strafen werden nach dem griechischen Gesetzgeber Drakon benannt. Im 7. Jahrhundert vor Christus waren die von ihm verfaßten Gesetze so streng, ja sogar grausam, daß Plutarch schrieb, sie seien "mit Blut und nicht mit Tinte geschrieben".

Unter die Haube bringen

Eltern wollen ihre Töchter unter die Haube bringen, also verheiraten. Nach germanischem Brauch durften verheiratete Frauen ihr Haar nicht mehr offen tragen, sondern mußten es unter einer Haube verbergen. Am Hochzeitstag setzte die Frau die neue Kopfbedeckung zum ersten Mal auf.

Auch die Römer kannten diese Sitte.

Es ist allerhöchste Eisenbahn

Die Redensart stammt aus einem Stück von Adolf Glasbrenner. Der schwer zerstreute Briefträger Bornike will um die Hand der Tochter des Malers Kleisch bitten. Am Ende der Szene bricht der Briefträger ganz plötzlich auf, weil er die Post aus Leipzig, die schon im Postamt auf in wartet, noch austragen muß. Beim Weggehen sagt er: "Es ist die allerhöchste Eisenbahn, die Zeit ist schon vor drei Stunden angekommen."

Kurz vor Toresschluß

Gerade noch rechtzeitig. Wer im Mittelalter und auch noch spät in eine Stadt hinein wollte, obwohl die Tore schon geschlossen waren, mußte einen "Torgroschen" entrichten. Vorher litt er wahrscheinlich unter "Torschlußpanik".

Das sind potemkinsche Dörfer

Etwas, das hübsch herausgeputzt wird, um den eigentlichen, lausigen Zustand zu verbergen, bezeichnet man als "potemkinsches Dorf".

Fürst Gregory Alexandrowitsch Potemkin, der Günstling der russischen Zarin Katharina II., war der Namensgeber dieser Täuschung. Als die Zarin das neu eroberte Krimgebiet besichtigen wollte, ließ er Scheindörfer aus bemalten Kulissen errichten, um sie vom wahren Zustand der Region abzulenken.

Allerdings muß man feststellen, daß Herr Potemkin durchaus ein sehr fähiger Staatsmann war, auch wenn er gelegentlich zu kleinen Täuschungsmanövern griff.

Ein Palaver abhalten

Endlos labern. Es handelt sich um einen Ausdruck aus dem portugiesischen: "palavra" wurde im Sinne von "Verhandlungen mit Eingeborenen" benutzt. Das Wort, das über portugiesische Händler an die afrikanische Küste kam, brachten englische Seeleute Ende des 18. Jahrhunderts in ihre Sprache ein.

Etwas ist recht und billig

Recht und billig ist etwas, das den geltenden Rechtsgrundsätzen entspricht. "Billig" wird erst seit dem 18. Jahrhundert in der Bedeutung "kostengünstig" benutzt. Vorher war es gleichbedeutend mit "satzungsgemäß" oder "dem natürlichen Rechtsempfinden entsprechend". Ein billiger Preis war also ein angemessener Preis.

Die alte Bedeutung kennen wir noch aus dem Begriff "etwas billigen", es also gutheißen.

Das ist kein Pappenstiel

Hier geht es nicht um "Pappe", es handelt sich vielmehr um eine Verkürzung von "Pappenblumenstiel". Damit ist der hohle Stiel des "Pfaffenröhrleins" gemeint. Wir kennen diese Blume als "Löwenzahn". Sie wurde zum Sinnbild des Wertlosen, da sie für allerlei Kinderspiele benutzt wurde.

Sein Schwert in die Waagschale werfen

Als die Gallier 390 v. Chr. die Römer besiegt hatten, forderten sie einen hohen Tribut. Die Römer beschwerten sich, daß die Gallier die geforderten 1000 Pfund Gold mit manipulierten Gewichten abgewogen haben wollten. Der Gallierkönig Brennus konnte so ein mädchenhaftes Gewinsel überhaupt nicht haben und warf auch noch sein Schwert in die Waagschale. Dazu sprach er noch die berühmten Worte: "vae victis" also "Wehe den Besiegten."

Persilschein

Im zweiten Weltkrieg wurde der Ausdruck "den Persilschein erhalten", für "den Gestellungsbefehl erhalten, eingezogen werden" gebräuchlich. Es war für die Wehrpflichtigen üblich, beim Einrücken ihre Wäsche in Kartons mitzubringen. Diese Kartons besorgte man sich beim Händler um die Ecke, der hatte meistens Waschmittelkartons übrig.

Den Persilschein kennen wir heute als Nachweis einer makellosen politischen Vergangenheit, vor allem in Bezug auf die Entnazifizierung nach dem Ende des Dritten Reiches.

Ich kenne meine Pappenheimer

Das Pappenheimer-Zitat stammt aus Schillers "Wallenstein". Wallenstein lobt mit diesen Worten die Kürassierabordnung des pappenheimschen Regiments. Historischer Hintergrund waren die Kämpfe um die Stadt Magdeburg während des dreißigjährigen Krieges.

Jemanden verpetzen

Das Wort "Petze" für einen Verräter wurde im 18. Jahrhundert durch die Theologiestudenten des Hallischen Waisenhauses in die lokale Studentensprache eingeführt. Anfang des 19. Jahrhunderts benutzte man es auch in anderen deutschen Städten.

Der Ursprung liegt wohl im rotwelschen Ausdruck "pazah" = "den Mund aufreißen".

Lunte riechen

Mit der seit dem Ende des 18. Jahrhunderts bekannten Redensart meinte man den beißenden Geruch der Zündschnur, mit der Geschütze abgefeuert wurden. Dieser Geruch verriet oft den Standort eines verborgenen Geschützes.

Jemandem aufs Dach steigen

Das Abdecken des Daches war im Mittelalter eine Maßnahme gegen sogenannte "Friedlose" oder "Vogelfreie". Diese Verbrecher durfte kein Dach mehr schützen, bis sie sich gestellt hatten.

Man gab Leuten, die einen Verbrecher beherbergten, eine gewisse Frist, dann stiegen ihnen die Büttel aufs Dach und deckten es ab. Man ließ "den Himmel ins Haus".

Da den Verbrecher nun kein Dach mehr schützte, konnte er im Haus verhaftet werden, was normalerweise verboten war.

Auch bei sittenwidrigem Verhalten in der Ehe, etwa wenn die Frau ihren Mann schlug, wurde als gerichtliche Strafe das Dach abgedeckt.

Da beißt die Maus keinen Faden ab

Die Redewendung steht wohl in Zusammenhang mit der heiligen Gertrud von Nivelles, die im Mittelalter vor allem zur Abwehr von Ratten- und Mäuseplagen angerufen wurde.

Der Tag der heiligen Gertrud, der 17. März, ist ein wichtiger Tag des bäuerlichen Kalenders, es ist der Beginn des Frühlings. An diesem Tag werden die Winterarbeiten eingestellt und man beginnt mit Feldbestellung und Gartenarbeit. Wenn am Gertrudentag noch gesponnen wird, so behauptete man, werde der Flachs von den Mäusen zerfressen, oder der Faden abgebissen.

Die heilige Gertrud wurde oft mit einer oder mehreren Mäusen abgebildet, die an ihrer Spindel hinaufklettern.

Die Redewendung war wahrscheinlich schon vor 1400 gebräuchlich.


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